Herstellung der Aufdruckform (Buchdruck)
Zur Vorbereitung der Linotypzeilen, die aus einer Blei- und Zinnlegierung gegossen wurden, diente eine Linotype-Maschine. Die Firma Kozianski in Krakau, in der die Aufdrucke vorgenommen wurden, besaß seit 1914 eine Linotype aus einer Berliner Fabrik. Aller Wahrscheinlichkeit nach handelte es sich um die Linotype "Ideal" – Modell 4 mit einem Buchstabenmagazin, das einen kleinen Satz von 900 Matrizen beinhaltete. Diese Linotype wurde im Jahre 1910 hergestellt. Es handelte sich um ein im zweiten Jahrzehnt des 20.Jahrhunderts sehr populäres Modell, das in Polen bis in die Nachkriegsjahre des 2. Weltkriegs überlebte. Spätere Modelle sind vorwiegend mit vier Magazinen mit einem Satz von ca. 1400 Matrizen ausgerüstet.
Baubedingt konnten keine Druckzeilen zum Überdrucken einer kompletten Markenreihe von 10 Marken hergestellt werden. Die Matrizensammler waren einfach nicht für diese Länge vorgesehen. Also stellte man Linotypezeilen für jeweils 5 Marken her, die 5 x das Wort POCZTA, bzw. 5 x das Wort POLSKA enthielten.
Zum Verständnis sowohl des Aufbaues der Aufdruckformen als auch der Aufdruckmerkmale ist es notwendig, dass man sich mit dem Arbeiten einer Linotype-Maschine vertraut macht. Hier eine Linotype Model 4, die zum Herstellen der Druckzeilen benutzt wurde.
In den Fächern des Buchstabenmagazins der Linotype-Maschine befinden sich Messingmatrizen mit einzelnen, tiefeingepressten Buchstaben und Schriftzeichen (negativ), welche durch Anschlagen eines Tasters (ähnlich wie bei Schreibmaschinen) herabfallen und durch Aneinanderreihen Zeilen mit dem verlangten Text bilden. Die so entstandene Matrizenzeile wird automatisch unter einer Öffnung fortbewegt, aus welcher eine geschmolzene Legierung von Blei und Zinn fliesst. Diese, beim Zusammentreffen mit der Matrizenzeile rasch erkaltende Masse bildet nun eine Platte, die auf einer der Schmalseiten den Text der Matrizenzeile, jetzt aber in erhabener Form (positiv) zeigt. Die so entstandenen Positivzeilen werden nun automatisch entsprechend geglättet und geschnitten, während die Messingmatrizen von denen Sie abgegossen wurden, ebenso automatisch wieder in einzelne Buchstaben zerlegt, sortiert und in die betreffenden Buchstabenfächer zurückgebracht werden. Durch Ausschalten der die Matrizen zerlegenden Vorrichtung kann eine beliebige Anzahl gleichlautender Positivzeilen gegossen werden.
Beispiele von fertigen Druckzeilen
In einer Linotype-Maschine können vier Grundbaugruppen sowie ein Matrizensatz unterschieden werden.
LINOTYPEMAGAZIN
Die benutzte Linotype "Ideal" Modell 4 hatte Magazine, welche einen kleinen Satz von 900 Matritzen enthielten. Die einzelnen Buchstaben befinden sich in Kanälen, aus denen sie durch Anschlagen der Tastatur über Zuführkanäle zum Matrizensammler transportiert werden. Eine Linotype konnte mit 4 Matrizenmagazinen bestückt werden, zwischen denen umgeschaltet werden konnte.
![]() |
![]() |
![]() |
Linotypemagazin | Buchstabenkanäle im Magazin | wechselbare Linotypemagazine |
TASTATUR
Sie besteht aus Tasten – ähnlich wie bei der Schreibmaschine, wobei sich auf der Linotypetastatur einzelne Tasten für kleine und große Buchstaben – sogenannte Versalien – befinden. Darüber hinaus befinden sich dort drei Tasten für das Justiermaterial (Letter ohne Zeichen, Halbletter ohne Zeichen, Ausschluß), Durch Betätigung der Tasten werden die geforderten Matrizen bzw. das Justiermaterial freigegeben und fallen über Kanäle in den Matritzensammler.
![]() |
![]() |
![]() |
Tastatur – links Kleinbuchstaben – rechts Großbuchstaben | Kanäle führen die Matrizen aus Buchstabenmagazin zum Matrizensammler |
MATRIZENSAMMLER
Es handelt sich hierbei um ein Gerät in Form eines Behälters, in den nach dem Drücken der entsprechenden Taste über entsprechende Kanäle die aus dem Magazin freigemachten Matrizen mit den geforderten Buchstaben oder auch das Justiermaterial hineinfallen und – indem sie eng nebeneinandergereiht werden – den Matrizensatz mit dem geforderten Text bilden. Ein solcher Satz wird mit einer Einrichtung – Schloß genannt – eng zusammengedrückt.
Eine genaue Verspannung wird mit Hilfe von Keilen erzielt, die aus dem sogenannten Keilkasten herabgelassen werden. Der Keilkasten befindet sich unmittelbar über dem Matrizensammler. Die Keile werden im Matrizensammler zwischen den Matrizen und dem Justiermaterial des Satzes angebracht. Auf diese Art und Weise dürfte sowohl zwischen den Matrizen als auch zwischen dem Justiermaterial nicht der kleinste Raum vorhanden sein, der ein Eindringen des flüssigen Metalls ermöglichen könnte. Manchmal jedoch, wenn auch selten, kann der Satz infolge des Verklemmens der Justiereinrichtung mangelhaft justiert werden. Dadurch kann zwischen die Matrizen Metall gelangen, sie zerstören und die Entstehung sogenannter Härchenbildung in den Abzügen bewirken. Es handelt sich dabei um kommaähnliche Striche zwischen den Buchstaben, die oft beim S von Polska vorkommen.
Nun zur Klärung des Begriffes "Halbzeile". Die Linotypezeilen enthielten nur je 5 Wörter POCZTA bzw. je 5 Wörter POLSKA. Die so angefertigten Zeilen konnten mit dem Aufdruck nur 5 horizontale Marken, d.h. die Hälfte der Bogenbreite bedrucken. Diese Zeilenbreite ergab sich aus dem Aufbau der Linotype, deren Matrizensammler keine längere Zeile zuließ. Die damaligen Modelle der Linotypen hatten Matrizensammler, in denen Druckzeilen in einer Breite bis 28 Cicero zusammengesetzt wurden, d. h. ca. 12,6 cm – genau 126,336 mm. Dies ergibt sich daraus, daß ein Cicero (Bezeichnung des Schriftgrades) = 12 Punkte sind; 1 Punkt = 0,376 mm, also 1 Cicero = 4,512 mm und 28 Cicero = 126,336 mm.
Der Matrizensammler ist so aufgebaut, daß eine Änderung in der Satzlänge in einem Maßstab 1 Cicero, d. h. 4,512 mm, festgelegt ist. Dies bedeutet, das die Differenz in der Zeilenlänge 4,512 mm bzw. das Vielfache dieser Größe, bei maximaler Länge von 28 Cicero und bei minimaler Länge von 6 Cicero, betragen kann. Im Falle der Krakauer Aufdrucke betrug die Zeilenlänge 26 Cicero, d.h. ca. 117,3 mm. Spätere Linotypemodelle haben Matrizensammler bis zu 42 Cicero Länge.
GIESSBAUGRUPPE
Die Gießbaugruppe besteht aus einem Kessel, in dem sich in flüssigem Zustand die laufend erwärmte Mischung aus Blei, Antimonium und hochgradigem Zinn im Verhältnis 83%; 12% und 5% befindet – und einem Gießrad mit der Form, die die zu gießende plattenförmige Zeile dicht festhält. Diese Zeile ist das hervorgehobene Positiv des Textes, der zum Zusammensetzten der Druckform vorgesehen ist.
S. Mikstein schreibt, dass die Mischungsbestandteile der Krakauer Halbzeilen, damals Zinn und Blei, ohne das heute verwendete Antimonium oder mit einer zu geringen Beimischung dieses Elements waren. Die Beimischung von Antimonium verfestigt die Mischung und ermöglicht das Drucken von mindestens 35 000 lesbarer Abzüge mit einer solchen Druckform. Das Fehlen des Antimoniums erklärt die Weichheit der Form der Krakauer Aufdrucke und ihre Neigung zu mechanischen Beschädigungen, wie: Beschädigung des Buchstaben "A" auf der 30. Marke des Bogens der Form I. Diese Beschädigung tauchte schon in der Anfangsphase des Drucks auf. Die Beschädigungen der 7. senkrechten Reihe der oberen Hälfte der Form I tauchte in der späteren Druckphase auf. Neben schon am Anfang vorhandenen Buchstabenfehlern entstanden im Verlauf des Druckes neue und einige verschwinden während des Druckes.
Es gibt verschiedene Thesen zum Auftreten der Buchstabenfehler. Ein Teil der Fehler ist wohl schon beim beim Gießen der Halbzeilen entstanden. Die bis 285 C erwärmte Metallegierung kommt im Gießrad mit dem Matrizensatz in Berührung, um die Gießösen dieser Matrizen zu füllen und eine Linotypezeile in der Plattenform zu bilden. Jetzt kommt es jedoch vor, dass die Legierung bei Berührung mit den kalten Matrizen zu schnell erstarrt, ohne die Gießösen (Buchstaben) der Matrizen vollständig zu füllen. Auf diese Art und Weise entsteht auf der Fläche, die die Buchstaben druckt, eine Senke – manchmal zwei oder drei – wie Fraßstellen am Rand oder auch in der Mitte des Buchstabens.
Beim Drucken reibt sich die Fläche, die die Buchstaben druckt, ab und bewirkt gleichzeitig ein Abflachen, und damit einen Abbau der Senke oder gar deren Verschwinden, wenn sie nicht tief war. Somit kann es vorkommen, dass die Buchstabenfehler nicht nur intensiviert werden und neue hinzukommen, sondern auch kleiner werden und völlig verschwinden können.
Hierbei geht es selbstverständlich nicht um den Fall, wenn die Fehler infolge eines Farbüberschusses verschwinden. Eine Fehleranalyse der Veränderung der Buchstabenfehler ermöglicht Ermittlung der Umdruckreihenfolge der einzelnen Nominalen der Formen I und II, und ebenso der Umdruckreihenfolge der Formvarianten der Form II.
LINOTYPEMATRIZEN
In den Kanälen des Matrizenmagazins befinden sich Messingmatrizen – von 12 bis 20 Matrizen für große und kleine Buchstaben sowie Justiermaterial. Es handelt sich hierbei um Material, das tiefer liegt als die Schrifthöhe, welches zum Füllen des Raumes zwischen den Textwörtern in Form blinder nichtdruckender Matrizen unterschiedlicher Dicke dient, die als Letter, Halbletter ohne Zeichen und Ausschluß bezeichnet werden, deren Dicke automatisch an die Schriftgröße angepaßt und in Punkten bestimmt wird (so wie auch die Buchstaben der Schrift), welche die kleinste Maßeinheit in der Typographie darstellen. 1 Punkt = 0,376 mm.
Linotype-Matrizen mit je zwei Schriftzeichen (Buchstaben-Gussformen)
Am häufigsten verwendet man Schriften im Normaltext von 6 bis 16 Punkten. Letter ohne Zeichen 10 Punkte, Halbletter ohne Zeichen = 1/2 Letter ohne Zeichen, d. h. 5 Punkte und Ausschluß = 1/4 Letter ohne Zeichen, d. h. 2,5 Punkte. Die Krakauer Aufdrucke wurden mit Hilfe einer 10-Punkte-Schrift hergestellt. An dieser Stelle ist eine Erklärung bezüglich der 10-Punkte-Schrift in den Krakauer Aufdrucken notwendig. Denn angesichts der Tatsache, daß ein typographischer Punkte gleich 0,376 mm ist, müßten die Buchstaben eine Höhe von 10 x 0,376 = 3,76 mm haben; sie haben jedoch nur eine Höhe von 2,5 mm. Die Punktebezeichnung der Schrift bezieht sich auf die Basis des Schriftbildes der Matrize, aber die Form und Höhe der Druckbuchstaben hängen vom Gipfel der Vertiefung des Schriftbildes der Matrize – dem Buchstabennegativ – ab und sind entsprechend kleiner. Wie schon gesagt, können die normalen Linotypemagazine bis zu 16 Höhenpunkte aufnehmen.